Die Fertigung sicherheitskritischer Bauteile für die Luftfahrtindustrie unterliegt höchsten qualitativen Anforderungen. Dies gilt auch für das Entgraten, d.h. das Entfernen scharfer Bauteilkanten, die durch trennende Bearbeitungsverfahren hervorgerufen werden. Höchste Qualität wird i.d.R. durch maschinengeführte Prozesse erreicht. Im Bereich niedriger Stückzahlen bei gleichzeitiger hoher Teilevielfalt sind klassische Automatisierungslösungen jedoch oft nicht wirtschaftlich. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in den vergleichsweise hohen Einmalkosten für die Arbeitsvorbereitung. Einen großen Teil tragen insbesondere die Kosten der Programmierung bei, die sich erst bei höheren Stückzahlen relativieren. Zudem muss i.d.R. adaptiv gearbeitet werden um die toleranzbedingte Form- und Lageabweichungen der Bauteilkanten zu berücksichtigen. Dadurch entsteht ein erhöhter Aufwand beim Einmessen des Bauteils. Aus diesem Grund wird hier nach wie vor oft manuell entgratet.
Um auch für geringe Losgrößen eine wirtschaftliche Automatisierungslösung für das Entgraten zu entwickeln wurde das Forschungsprojekt EIN-KLICK-ROBI als Teil des Luftfahrtforschungsprogramms VI des BMWK ins Leben gerufen. Gemeinsam mit seinen Projektpartnern der toolcraft AG, Schaeffler Aerospace und der Universität Würzburg erarbeitet das Fraunhofer IWU dabei domänenübergreifend eine interaktive Automatisierungslösung die explizit auf die hohen Anforderungen der Luftfahrtindustrie (Qualität, geringe Losgrößen, hohe Teilevielfalt) zugeschnitten ist. Kern des Projekts ist die Entwicklung eines kognitiven Robotersystems mit optischer Sensorik zur Bauteillokalisierung und Vermessung. Die Programmierung des Systems erfolgt über eine sogenannte „Ein-Klick“-Werkstattprogrammierung die vom Fraunhofer IWU entwickelt wird.
Dahinter verbirgt sich ein wissensbasiertes System, das aus Eingaben von Programmierer und Werker lernt und Prozessplanungsvorschläge liefert. Um trotz hoher Teilevielfalt einen maximalen Automatisierungsgrad zur erreichen, werden bekannte und wiederkehrende Bauteilmerkmale genutzt um Bearbeitungsvorschläge für den Werker zu generieren. Diese können vom Werker ausgewählt oder korrigiert werden. Das entsprechende Feedback wird anschließend für zukünftige Bearbeitungen artähnlicher Bauteile wiederverwendet. Um die notwendige Bearbeitungsgenauigkeit zu erreichen wird die Werkzeugbahn zudem an die optisch erfasste toleranzbehaftete Ist-Geometrie des Realbauteils angepasst.
Headerbild: ©Fraunhofer IWU