Kognitive Produktion

CPS-Talk: Gruppenleiter Albrecht Hänel im Gespräch

Als Gruppenleiter der Gruppe Digitale Prozessketten und Datenanalyse stellt Albrecht Hänel die Arbeit seines Teams vor. Im CPS-Talk werden neben aktuellen Forschungsprojekten auch Visionen und die persönliche Motivation des Gruppenleiters beleuchtet. Dabei unterstreicht er vor allem die Bedeutung von Daten und die folgende Umwandlung in Wissen.

Hallo Albrecht, du bist seit Anfang diesen Jahres Gruppenleiter der Gruppe Digitale Prozessketten und Datenanalyse. Welche Themengebiete umfasst der Gruppenname?

Hallo Lisa, wir sind thematisch in der Abteilung Digitaler Produktionszwilling eingeordnet. Der erste Teil des Gruppennamens Digitale Prozessketten beschreibt die sequenziellen, teilweise parallelisierten, rechnerunterstützten Planungs- und Arbeitsschritte des Produktentstehungsprozesses. Alternativ wird hier auch der Begriff CAx-Prozesskette verwendet. Also „Computer–Aided x“ für beispielsweise CAD (-Design), CAE (-Engineering), CAM (-Manufacturing) und CAQ (-Quality). Damit sind alle Softwaresysteme gemeint, die für die Erzeugung und Bewertung eines montagefähigen Produktes benötigt werden.

Daran knüpft der zweite Teil des Gruppennamens – Datenanalyse an. Entlang dieser digitalen Prozesskette und insbesondere während der Herstellung des Produktes akquirieren wir alle Art von Daten und versuchen daraus Informationen bzw. Wissen abzuleiten. Das grundlegende Ziel ist dabei das Produkt selbst zu verbessern oder den Produktentstehungsprozess zu beschleunigen. Dazu bedienen wir uns einer Vielzahl an Analysemethoden. Beispielshaft sind maschinelles Lernen, Methoden der künstlichen Intelligenz oder auch klassisch analytischen Verfahren zu nennen. Dabei haben wir immer das Ziel: aus Daten mehr Wissen zu generieren.

Wie setzt sich die Arbeit deiner Gruppe thematisch zusammen? Welche Themenschwerpunkte gibt es?

Bevor wir überhaupt eine Datenanalyse machen können, erarbeiten wir Lösungen, wie wir entlang der digitalen Prozesskette Daten erheben können. Dafür müssen wir die Systeme kennen, müssen genau wissen an welcher Stelle in der digitalen Prozesskette welche Daten zu erwarten sind. Außerdem müssen wir wissen, was wir grundsätzlich mit diesen Daten erreichen wollen. Eine große Herausforderung ist hier, dass es meist keinen einheitlichen Standard gibt und wir es in der Regel mit heterogenen Datenformaten und –strukturen zu tun haben. Daher müssen wir diese Daten so umwandeln, dass diese „interpretier-“ bzw. „auswertbar“ werden. Dies ist teilweise sehr anspruchsvoll, insbesondere dann, wenn wir mit hochfrequenten Daten von heterogenen technischen Systemen arbeiten.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt stellt die Informationsmodellierung dar. In dieser werden den Daten und Informationen spezifische Eigenschaften zugewiesen und in Beziehung zueinander gesetzt. Das stellt die informationstechnische Basis dar, um aus der reinen Datenanalyse und Kontextualisierung spezifische Softwarelösungen, bspw. in Form von Assistenzsystemen, zu entwickeln und unseren Forschungs- und Entwicklungspartnern zur Verfügung zu stellen. Wir arbeiten an Lösungen, die Ergebnisse aus der Datenanalyse möglichst nebenläufig den bestehenden Softwaresystemen wieder der CAx-Kette zur Verfügung zu stellen, um den Planer für nachfolgende Tätigkeiten zu unterstützen.

Welche aktuellen Forschungsthemen bearbeitet ihr aktuell?

Namentlich möchte ich folgende Forschungsprojekte nennen:

  • ATHENA – Entwicklung eines digitalen Zwillings des Herstellungsprozesses eines Großbauteils für ein Weltraumteleskop
  • TWINPROCUT – Implementierung eines digitalen Assistenzsystems zur Steigerung der Effizienz und der Qualität komplexer Fräsprozesse
  • ML4P – Forschung an ML-Methoden zur Optimierung von Umformprozessen
  • EXAPTWINPRO – Softwareentwicklung zur Optimierung der CAM-Planung von NC-Zerspanprozessen durch Nutzung von Prozessdaten

In weiteren Projekten entwickeln wir Assistenzsysteme zur prozesssicheren Herstellung von Kunststoffprodukten, Softwarelösungen zur Bewertung des Maschinenzustands von Werkzeugmaschinen oder kleine Tools zur hochperformanten Datenakquise aus NC-Maschinen. In allen Projekten lebt die Vision des digitalen Zwillings, also der Verschmelzung der virtuellen Welt mit der physischen Welt, selbstverständlich im Kontext der Produktion.

Neben aktueller Forschung ist auch der Blick in Zukunftsthemen in eurer Gruppe spannend. Welche Themen stehen bei euch auf der Agenda und welche Visionen gibt es?

Unsere grundlegende Vision ist es, die aktuell sehr linear ausgerichteten CAx-Ketten der produzierenden Unternehmen, durch die Nutzung von Prozessdaten, qualitativ zu verbessern bzw. den Produktentstehungsprozess zu beschleunigen. Dadurch wird sich die CAx-Kette zu einer Art CAx-Helix verändern, da die Prozessdaten immer wieder für anschließende Planungsvorgänge verwendet werden können. Dies ist eine große Herausforderung, der wir uns stellen wollen.

Ein interessantes Zukunftsthema in unserer Gruppe stellt das Quantencomputing dar. Mit diesem komplett neuen Ansatz von Computern besteht die Möglichkeit die Recheneffizienz zu erweitern und die Laufzeit für komplexe Rechenaufgaben zu reduzieren. Die große Herausforderung besteht aktuell darin, Rechenoperationen in die Quantenwelt zu übertragen und Quantenalgorithmen zu entwickeln, um diese Operation dann auch wirklich physisch ausführen zu können. Allerdings muss man hier ehrlicherweise sagen, dass man sich wirklich noch am Anfang befindet und die verfügbare Hardware ein limitierender Faktor ist.

Unsere Gruppe ist am Aufbau eines sächsischen Kompetenzzentrums für Quantencomputing beteiligt. Hier ist das Ziel das Thema langfristig in Sachsen zu verankern und mit interessierten Forschungs- und Industriepartnern schon jetzt die ersten Entwicklungsschritte anzugehen. Unser Fokus liegt dabei nur auf dem Quantencomputing. Also alles aus dem Bereich Quantenhardware, Quantensensorik oder Quantenkommunikation werden wir thematisch nicht adressieren.

Wenn du also an dich persönlich denkst: was fasziniert dich an eurer Arbeit?

An der Forschung interessiert mich, dass man immer wieder mit neuen Themen und Fragestellungen konfrontiert wird und neue Lösungswege erarbeiten muss. Dass es keinen geradlinigen Lösungsweg gibt, sondern auch ein bisschen probieren muss. Dass man die Möglichkeit bekommt, einfach mal Neuland zu betreten, auch mit dem Wissen, dass der Lösungsweg sich deutlich komplexer gestalten kann.

Fachlich macht es mir unheimlich Spaß mein Domänenwissen aus dem Bereich der Produktionstechnik in die digitale Welt zu übertragen und dadurch technologische Effekte sichtbarer und nachvollziehbar zu machen. Persönlich macht es mir Spaß in einem sehr interdisziplinären Team zu arbeiten, denn wir haben in unserer Gruppe Mathematiker, Elektrotechniker, Maschinenbauer und Mechatroniker. Es ist immer wieder erfrischend, wie unterschiedliche Denkweisen zusammenkommen und ich als „einfacher Produktionstechniker“ begeistert werde, was bereits in der digitalen Welt schon möglich ist, was wir als Team umsetzen können und schon umgesetzt haben. Schlussendlich habe ich große Freude am Aufbau eines neuen Forschungszentrums mitzuwirken, um eventuell in 10 Jahren glücklich zurückschauen zu können, einen kleinen Beitrag geleistet zu haben.

Danke Albrecht für deine Zeit und das tolle Gespräch! Für Fragen an die Gruppe können Sie sich unter folgender Mailadresse direkt an Herrn Albrecht Hänel wenden: albrecht.haenel@iwu.fraunhofer.de.

Albrecht Hänel

Dipl.-Ing. Albrecht Hänel
Abteilungsleiter
"Digitaler Produktions-Zwilling"

Fraunhofer IWU
Pforzheimer Str. 7a
01189 Dresden

Telefon: +49 351 4772-2637
E-Mail: albrecht.haenel@iwu.fraunhofer.de

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Abteilungsleiter
"Digitaler Produktions-Zwilling"

Fraunhofer IWU
Pforzheimer Str. 7a
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